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1965 wurde Wilhelm Dröscher in das Europäische Parlament
delegiert. Doch nicht nur in Straßburg, sondern auch in Brüssel
war er fortan "zu Hause", um nicht zuletzt für die
Bürger des Landes Rheinland-Pfalz direkt "vor Ort"
herauszuholen, was nur möglich sein konnte.
Im politischen und im landwirtschaftlichen Ausschuss der EG in der
belgischen Hauptstadt wie auch als Berichterstatter in Straßburg
ließ er keinen Zweifel daran, dass nur durch aktive Gemeinsamkeit
die europäische Hilflosigkeit in verschiedenen Bereichen
überwunden werden kann.
Straßburg, Luxemburg, Brüssel, Paris oder den Haag-Städtenamen,
Stationen, die Dröschers Weg in der Europa-Politik markieren. Er
hat Zeichen gesetzt.
Es ist an einem Freitag. Am 27. September 1968, als Wilhelm
Dröscher zum Rednerpodium geht, das Manuskript in der Linken, um
vor der gemeinsamen Versammlung des Europarates und des
Europäischen Parlaments zu sprechen. Die Russen hatten gerade die
CSSR überfallen. Der kalte Krieg warf wieder seine unhellvollen
Schatten über Europa. Noch hatten sich die Europäer von diesem
Schock nicht erholt. Das war an diesem Freitag in Straßburg
überaus deutlich. Resignation, Verbitterung und die
unausgesprochene Frage, wie es mit Europa weitergehen soll,
beherrschten die Szene.
Dröscher: "Wenn es für mich in diesen Stunden eine
Konsequenz zu ziehen gibt aus den schlimmen Ereignissen in der
CSSR, dann ist es gewiss nicht die Rückkehr zu wildem
Antikommunismus und zu einem kalten Krieg. Es geht weiter um die
konsequente Fortsetzung der Politik der Entspannung. Aber eine
Entspannungspolitik, die von einer anderen Grundlage aus geführt
wird als bisher: nicht eine bilaterale der vielen westlichen mit
den vielen osteuropäischen Staaten, sondern eine der
westeuropäischen Gemeinschaft."
Deutlicher und beschwörender kann es zu dieser Stunde im Kreise
der Europäer keiner aussprechen. Der Beifall gibt Dröscher recht
- die Zukunft soll die Richtigkeit seiner Aussagen beweisen. Er
pendelte weiter zwischen Rom und Brüssel, informierte sich in
Guinea und im Senegal, konferiert mit Präsidenten, Staatschefs
und Ministern, mit Politikern in und außerhalb Europas.
"Ein politischer Tourist allerdings war ich nie - so einer,
der aus Reisen in ferne Länder einen Familienausflug macht, den
zuletzt noch die Staatskasse bezahlen soll", schränkte er
ein. Wenn es um Geld und um die Lauterkeit geht, dann versteht
Wilhelm Dröscher nämlich keinen Spaß mehr. In der Zeit, als er
auf dem europäischen Parkett aktiv wurde und gleichzeitig noch in
Bonn die Interessen der Bürger vertrat, ordnete er an, dass sein
Gehalt als Bürgermeister um die Hälfte gekürzt wird.
Begründung: "ich bin ja nicht mehr die ganze Zeit über für
die Gemeinde tätig - also habe ich kein Recht, dafür ein volles
Gehalt zu beziehen."
Als Präsident des Bundes der europäischen sozialistischen
Parteien in der EG trommelte und mahnte er, legte Marschrouten und
Ziele fest.
Dröscher: "Europa steht vor der schwierigsten Bewährungsprobe der
Nachkriegsgeschichte."
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