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"Lem" bleibt bis heute unvergessen
Gestern wäre Wilhelm Dröscher 80 Jahre alt geworden: Zur Feierstunde kam Verteidigungsminister Rudolf Scharping


Er hörte Anderen mit dem Herzen zu und setzte sich dann mit ganzer Kraft für sie ein. Er nahm Gegebenheiten nicht einfach hin, sondern engagierte sich, sie zu gestalten. Menschen wie Wilhelm Dröscher sind selten und bleiben deshalb unvergessen. Gestern wäre er 80 Jahre alt geworden.

Von Gudrun Lahm

KIRN. Seit 23 Jahren ist er tot. Aber die Lebenden erinnern sich an sein Handeln und für die, die damals zu jung waren, lebt sein Mythos: Verteidigungsminister Rudolf Scharping selbst war gestern ins Kirner Gesellschaftshaus gekommen, um vor einigen hundert Menschen aus dem Kirner Land eben diesen zu würdigen.

Paul-Leo Giani, der Vorsitzende der Wilhelm-Dröscher-Stiftung, begrüßte die Menschen aller Altersstufen, für die Kaffee und zu Mittag eine warme Suppe vorbereitet war. 1977, wenige Tage nach seinen 57. Geburtstag, starb Wilhelm Dröscher, den man den "guten Menschen von Kirn" nannte. Im Sinne "Lems" hatten Freunde und Hinterbliebene damals, statt bundesweit Todesanzeigen aufzugeben, dieses Geld in eine Stiftung eingebracht. Auch die zog gestern Bilanz ihrer Arbeit. Wir berichten auf der dritten Lokalseite.

Kinder und Lehrer der "Wilhelm-Dröscher-Schule" gestalteten ein kleines Rahmenprogramm, bevor Rudolf Scharping die Festrede hielt. Auch auf das politische Leben des heutigen Verteidigungsministers hatte der Mann aus Kirn nachhaltigen Einfluss. 1968 hatte der Juso aus Lahnstein Wilhelm Dröscher kennengelernt, als der für den Vorsitz des SPD-Bezirks Rheinland-Hessen-Nassau kandidierte. 1969 erlebte Scharping den Wahlkampf in Kirn mit, an dessen Ende Dröscher den konservativen Wahlkreis im Direktmandat für die SPD gewann.

Die Sprechstunden an den Samstagen, zu denen 50 und mehr Menschen mit vielen kleinen und großen Anliegen erschienen, die Überzeugungskraft des erfahrenen Politikers und seine Lust, mit jungen Menschen zu diskutieren; vor allem aber seine "Entschlossenheit, sich nie von Sachzwängen überwältigen zu lassen": Das machte laut Rudolf Scharping den Menschen Wilhelm Dröscher aus.

"Er war ein Mann des Volkes, ein leidenschaftlicher Politiker, ein leidenschaftlicher Europäer und ein ausgeprägter Familienmensch," fasste der Minister zusammen, der in dieser Zeit aus den Reaktionen der Bevölkerung eine wichtige Erkenntnis verinnerlicht hat: "Der Wert, den die Leute am höchsten schätzen, der mit der meisten Sympathie belegt ist, heißt Gerechtigkeit. Wilhelm Dröscher war gerecht. Das hatte mit seinem Respekt vor allen Menschen zu tun.

Man ist nicht frei in der Entscheidung, was Geschichte ist - aber frei zu entscheiden, was davon man pflegt," schloss der Minister. Die Erinnerung an "ihren Lem" zu pflegen sind die Kirner und seine politischen Nachfahren entschlossen. Mit einem gemeinsamen Gang an sein Grab endete die gestrige Feierstunde.

aus: Rhein-Zeitung, 16.10.2000

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