"Der gute Mensch von Kirn" starb vor 25 Jahren
unerwartet auf dem Hamburger Parteitag - Stiftung hilft in akuten
Notlagen
Wilhelm Dröscher war ein Mann aus dem Volk. Die Ideale des
"guten Menschen von Kirn" leben in der Wilhelm-Dröscher-Siftung
weiter - auch 25 Jahre nach dem plötzlichen Tod des
SPD-Schatzmeisters und Europapolitikers.
KIRN. "Wer den Anspruch erhebt, mitreden zu wollen,
muss zum Mitdienen bereit sein." Das Grundverständnis
sozialdemokratischer Politik brachte Wilhelm Dröscher mit einem
Satz auf den Punkt. Am 18. November jährt sich zum 25. Mal sein
Todestag. Als Dröscher 1977 unerwartet auf dem Bundesparteitag
der SPD starb, war er gerade einmal 57 Jahre. Er begleitete
wichtige Ämter auf Landes-, Bundes- und Europaebene. Und dennoch
blieb er noch mehr in der Erinnerung der Menschen lebendig mit
einer anderen Tätigkeit: der Wahlkreisarbeit für die Menschen
seiner Heimat an der Nahe.
Dieser Einsatz vor Ort brachte ihm den Beinamen "Der gute
Mensch von Kirn" ein - von Kollegen einst spöttisch
erfunden, von den Menschen der Region und darüber hinaus aber
bald als zutreffend empfunden und mit Zuneigung und Respekt
genannt, erinnert sich Dröschers Schwiegersohn Paul Leo Giani.
Enge politische Freunde und seine Familie überlegten deshalb nach
seinem plötzlichen Tod, ob und wie man wenigstens einen Teil von
Wilhelm Dröschers Lebenswerk fortsetzen könnte. So wurde kurze
Zeit später - am 25. November 1977 - die Wilhelm-Dröscher-Stiftung
gegründet. Sie ist ein eingetragener Verein, der vom Finanzamt
als gemeinnützig anerkannt wurde. Erste Vorsitzende der Stiftung
war Lydia Dröscher, die Ehefrau von Wilhelm Dröscher. Sie führte
das Amt zehn Jahre lang. Seit 1987 ist Paul Leo Giani ihr
Nachfolger, Rudolf Scharping und Adolf Schwenk die Stellvertreter.
"Die Stiftung fördert vor allem Personen und
Institutionen, die praktischer Hilfe und Solidarität bedürfen",
schildert Sohn Peter Wilhelm Dröscher (MdL) den satzungsgemäßen
Zweck. Gemeint sind dabei Menschen, die sich in einer akuten
Notlage befinden, ebenso wie Bürger und Gruppen, die einen
Beitrag zu einer freiheitlichen und solidarischen Gesellschaft
leisten. Auf Bitten der Familie verzichtete die SPD auf aufwändige
Todesanzeigen für Wilhelm Dröscher und gab statt dessen den dafür
vorgesehenen Betrag der neugegründeten Stiftung als Startkapital.
"Die Zinsen sowie andere Spenden bilden den Rahmen für das jährliche
Budget der Stiftung."
Immerhin: Die vergleichsweise bescheidenen Beträge von 10 000
bis 15 000 Euro jährlich summieren sich - und unterstützen
viele segensreiche Projekte. Von der Unterstützung
alleinstehender Mütter über die Arbeit mit geistig Behinderten
und Seminaren für Arbeitslose bis hin zur Aufbau einer
Drogenberatungsstelle in Idar-Oberstein in den Anfangsjahren.
Heute fördert die Stiftung vor allem die Jugendarbeit (etwa
Jugendtreff Kirn, Ganztagsschule), Menschen in Notsituationen
(Lebensmittelpakete und Gutscheine für Bedürftige) und die
Schuldnerberatung. Zudem wird alle zwei Jahre von der Bundespartei
der Wilhelm-Dröscher-Preis für eine lebendige Basisarbeit
ausgelobt und verliehen. (sch)
aus: Rhein-Zeitung, 07.09.2002
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